So früh wie noch nie – um zwei Wochen früher als üblich – hat die steirische Apfelernte vor einer Woche begonnen. Das einzig Positive: die überdurchschnittlich vielen Sonnenstunden und die gut verteilten Niederschläge haben sich ausgezeichnet auf Aroma und Inhaltsstoffe der steirischen Äpfel ausgewirkt – sofern sie die extreme April-Frostnacht überhaupt überstanden haben. Doch die schlechte Nachricht überwiegt und bereitet den Obstbauern großes Kopfzerbrechen: Sie ernten nur ein Drittel einer Vollernte, konkret 59.000 Tonnen. „Ohne Frostschutz – in erster Linie Frostberegnung – würde die Apfelernte noch viel, viel schlechter ausfallen“, analysiert Vizepräsidentin Maria Pein. Dank der deutlich geringeren Fristschäden in den anderen Bundesländern, ist die heimische Versorgung dennoch mit rund 120.000 Tonnen weitgehend gesichert.
Entscheidende Frostberegnung
„Der steirische Apfelanbau steht auf des Messers Schneide, die Herausforderungen sind multiple, aber es gibt einen entscheidenden Mutmacher, der uns große Hoffnung gibt – die Frostberegnung“, sagt die Vizepräsidentin. Das bestätigt auch das heurige Obstjahr einmal mehr: auf den 400 Hektar frostberegneten Obstgärten (8 Prozent der Anbaufläche) werden 42 Prozent oder 25.000 Tonnen der steirischen Apfelernte eingebracht. Auf 92 Prozent der Anbaufläche ohne Frostberegnung werden nur 58 Prozent oder 34.000 Tonnen Äpfel geerntet.
Abwärtsentwicklung des steirischen Obstbaus stoppen
Als wirksamster und vollkommen umweltverträglicher Frostschutz hat sich die Frostberegnung herauskristallisiert. Doch der Bau von Speicherbecken und Beregnungsanlagen verursacht extrem hohe Investitionskosten, die sich viele Betriebe wegen der wirtschaftlich schlechten Zeiten kaum noch leisten können. „Im Sinne der Klimawandel-Anpassung ist es dringendst notwendig, solche richtungsweisenden Investitionen stark aus öffentlichen Mitteln zu unterstützen, um die Abwärtsentwicklung des steirischen Obstbaus konsequent zu stoppen“, unterstreicht die Vizepräsidentin.
Vor allem die Klimaerhitzung hat ihre ruinösen Spuren im Obstland Steiermark gezogen: in den vergangenen 9 Jahren gab es aufgrund der Spätfröste nur zwei Normalernten, die nur zu schlechten Marktpreisen verkauft werden konnten. Die Zahl der Produzenten ist auf 950 (2017: 1.116), die Anbaufläche ist in den vergangenen 6 Jahren um 1.000 Hektar (1.400 Fußballfelder) auf 4.900 Hektar gesunken.
„Der Klimawandel setzt dem steirischen Obstbau stark zu. Für uns ist daher klar, dass wir weiterhin mit aller Kraft für einen praxistauglichen Klima- und Umweltschutz arbeiten müssen. Gleichzeitig brauchen unsere Obstbäuerinnen und –bauern eine direkte Entlastung. Wir arbeiten daher gemeinsam mit den anderen Bundesländern sowie mit Bundesminister Norbert Totschnig an einem 10 Millionen Euro schweren Hilfspaket für die betroffenen Regionen. Gleichzeitig blicken wir nach vorne und arbeiten intensiv an der Klimawandelanpassung. Neben der bereits bestehenden Unterstützung, wie den 55-prozentigen Zuschüssen zu den Beiträgen an die Hagelversicherung und zahlreichen weiteren Maßnahmen braucht es zusätzliche Investitionen, um unsere Betriebe bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu unterstützen. Ich setze mich daher in Wien für eine Erhöhung der Investitionsförderung für Frostberegnung ein“, betont Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer.
Kurswechsel in Österreich
„Noch ist der steirische Obstbau nicht verloren, aber er ist an der Kippe“, sagt auch Manfred Kohlfürst, Obmann der steirischen und österreichischen Obstbauern. Neben der Klimaerhitzung nennt er als Ursachen für die prekäre Situation auch die viel zu hohen Lohnnebenkosten – hier ist Österreich EU-Spitzenreiter. Weiters die eingeschränkten Möglichkeiten eingeschleppte, invasive Schädlinge und Krankheiten wie die Kirschessigfliege, Wanzen oder Marssoninaerkrankung nachhaltig zu bekämpfen. Kohlfürst: „Wir brauchen zu diesen wichtigen Fragen einen klaren Kurswechsel in Österreich. Also runter mit den viel zu hohen Lohnnebenkosten und Gleichklang mit Deutschland sowie mehr statt immer weniger Wirkstoffe, um die eingeschleppten Schaderreger in Griff zu bekommen.“
Zu den immer wieder vorgebrachten Behauptungen, wonach durch die Frostberegnung Wasser vergeudet werde, stellt Kohlfürst klar: „Die Frostberegnung ist hocheffizient und äußerst umweltverträglich. Kein Liter Wasser geht verloren, sondern wird der Natur wieder zurückgegeben. Außerdem ist das im Speicherbecken gesammelte Wasser für die Frostberegnung oder die Bewässerung bei Trockenheit lediglich Überschusswasser.“
Erfahrene Berater unterstützen Obstbauern
Der steirische Apfelanbau ist stark von Handarbeit geprägt und erfolgt durchwegs in kleinen Familienbetrieben wie auch bei Karl und Stefan Haberl in Oberweißenbach/Feldbach. „Die Wasserverfügbarkeit und der aktive Schutz der Obstkulturen vor Wetterkapriolen ist der zentrale Schlüssel, damit die bäuerlichen Familienbetriebe ihre Zukunft sichern können“, sagt Kammerdirektor Werner Brugner. Daher hat die Landwirtschaftskammer die Obstbauberatung um den besonderen Schwerpunkt „Wasser und Frostschutz“ erweitert.
Brugner: „Unsere erfahrenen Expert:innen unterstützen und begleiten die Obstproduzenten beim Frost- und Witterungsschutz ihrer Kulturen, insbesondere auch bei der Errichtung von Frostberegnungs- und Bewässerungsanlagen mit Speicherbecken.“ Und er resümiert: „Von den mittlerweile 400 Hektar mit Frostberegnungsanlagen ausgestatteten Obstgärten wurde etwa die Hälfte davon in den vergangenen zehn Jahren errichtet.“
Schlechte Stimmung unter den Obstproduzent:innen
Bei einer Befragung unter den steirischen Apfelproduzenten vom Frühjahr 2024 gaben zwei Drittel der Obstproduzenten an, in den vergangenen 5 Jahren von der Betriebssubstanz gelebt zu haben, viele von ihnen haben eine Betriebsaufgabe eingeleitet. Jeder 5. Produzent wird fix aus der Produktion aussteigen und 40 Prozent warten bei den Investitionen ab.
Quelle: LK Stmk