Forschung

BOKU startet Biodiversitätsmonitoring von Streuobstflächen

Ein Artikel von Redaktion | 11.12.2023 - 12:05
csm_Streuobst_4572ae2a61.jpg

Start des Projekts DivMoSt für die Entwicklung einer neuen Methode zur Erfassung von Streuobstwiesen und der darin lebenden Wildbienen, Tagfalter, Vögel und Fledermäusein ganz Österreich
© Eva Schöll

Aufgrund der zunehmenden Intensivierung der Landwirtschaft hat der Bestand extensiv genutzter Flächen stark abgenommen. Streuobstwiesen gehören zu diesen Lebensräumen, die aufgrund ihrer abwechslungsreichen und halboffenen Struktur für viele Tier- und Pflanzenarten von besonderer Bedeutung sind. Hier setzt das Projekt DivMoSt - BioDiversitätsMonitoring von Streuobstflächen an: Gleich drei Institute der BOKU (Institut für Zoologie, Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft und Institut für Geomantik) haben sich mit der HBLA und Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg und dem Ingenieurbüro für Kulturtechnik & Wasserwirtschaft, Natur & Landschaftsschutz Christian Holler zusammengetan, um ein bundesweites Monitoringsystem für Streuobstflächen zu initiieren.

„Anhand von 20 Testgebieten auf jeweils 100 Quadratkilometer Größe, die repräsentativ für Streuobstvorkommen in ganz Österreich sind, wollen wir eine Methode für die flächenhafte Ausweisung von Streuobstflächen erarbeiten, die für ganz Österreich anwendbar ist“, so die Projektleiterin Sophie Kratschmer vom Institut für Zoologie an der Universität für Bodenkultur Wien. „Ein Teil der Felderhebungen wird in Kombination mit Geodaten verwendet, um eine Kartierungsmethode zu entwickeln, der andere Teil der Felderhebungen wird dazu genutzt, ein Qualitätsmaß (Validierung) für die Methode zu erhalten“, erklären Markus Immitzer und Franz Suppan vom Institut für Geomatik (BOKU). Franz Rosner von der HBLA und Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg ergänzt: „Obwohl Streuobstwiesen gefördert werden, sind sie im Vergleich zu intensiv genutzten Obstanlagen wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig und daher stark rückläufig.“ Tatsächlich liegen zu den rezenten Beständen nur grobe Schätzungen vor. „Um das Jahr 1930 dürfte es etwa 35 Millionen Streuobstbäume in Österreich gegeben haben. Bis 2020 ging der Bestand auf rund 4,2 Millionen Bäume zurück“, so Christian Holler zur historischen Entwicklung.

Mischung und Vielfalt

Es ist die Mischung aus unterschiedlichen Obstbaumarten mit einer hoher Struktur- und Altersheterogenität, die Streuobstflächen für Tierarten mit unterschiedlichen Lebensraumansprüchen so attraktiv machen. „Wildbestäuber wie Wildbienen und Tagfalter profitieren vom durchgängigen Blütenangebot in Streuobstflächen, ihre Artenzusammensetzung geben wesentliche Hinweise über die Lebensraumqualität des Standortes“, so BOKU-Zoologin Kratschmer. Gerade Altbäume seien von großer Bedeutung, denn Baumhöhlen und Totholz bieten Verstecke und Nistmöglichkeiten für Vögel, Fledermäuse oder xylophile Wildbestäuber. „Das Vorhandensein unterschiedlicher Nahrungs- und Nisthabitate mit geringer Störung bewirkt ein hohes Insektenaufkommen, welche für Vögel und Fledermäuse lebensnotwendige Nahrung darstellt“, ergänzen Eva Schöll (Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft, BOKU) und Markus Milchram (Institut für Zoologie, BOKU).

Viele Arten dieser Tiergruppen reagierten sehr sensibel auf Umweltveränderungen und seien deshalb auch hervorragend als Indikatoren stellvertretend für die Gesamtheit der vorkommenden Arten geeignet, um Veränderungen in der Artenvielfalt und Lebensgemeinschaften abzubilden. „Es gibt zwar schon einige Monitoringprojekte wie z. B. der „Farmland Bird Index“ oder die laufende Erfassung der Wildbienen Österreichs, die Schätzungen für einzelne Teilregionen liefern, DivMoSt soll zukünftig einen flächendeckenden Datensatz für das gesamte Bundesgebiet ermöglichen, die Entwicklung der Streuobstflächen laufend dokumentieren - um forthin mit verhältnismäßig geringem Aufwand Veränderungen in der Artenzusammensetzung zu erfassen und darauf basierend gezielte Maßnahmen einzuleiten“, so Kratschmer. Diese ergänzenden Informationen und Daten sollen auch für die Erstellung des österreichischen Biodiversitätsberichtes, der im Jahr 2026 der Europäischen Kommission vorgelegt wird, liefern.

Das Projekt DivMoSt - BioDiversitätsMonitoring von Streuobstflächen erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei Jahren und wird dank Unterstützung durch den Biodiversitätsfonds des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie der Europäischen Union ermöglicht.